Mehr als ein Jahrzehnt erkundete Mary Hunter Austin das Gebiet, das sie, nach seinem indianischen Namen, »Land of Little Rain« nannte und dem sie schließlich ihr erstes Buch widmete - geschrieben hat sie es in einem Monat, wie sie sagte. 1903 erstmals erschienen, hat es bis heute nichts von seiner Faszination und Leuchtkraft verloren. Reiseerzählung, Landschaftsbeschreibung, Memoir, ethnografischer Bericht - das Buch hat zahlreiche Facetten, ist aber vor allem ein literarisches Dokument der Liebe zu einem Land im Südwesten der USA, das heute die Mojave-Wüste und den Death-Valley-Nationalpark umfasst. Austins Blick ist geprägt von einem tiefen Verständnis für die Flora und Fauna dieses Gebiets und der Wertschätzung für die Menschen, denen sie dort begegnete: Schoschonen und Paiute, Einwanderer aus Mexiko oder China, Schäfer, Minenarbeiter und Goldsucher. Er verrät nicht nur eine gewinnende Empathie und eine einzigartige poetische Sensibilität, sondern auch den Eigensinn und die Unbeirrbarkeit einer Autorin, die mit einem Werk von mehr als 30 Büchern und zahllosen Artikeln zu den frühen Umweltaktivistinnen und Frauenrechtlerinnen Amerikas zählt.
Franz Michael Felder, Bauer aus dem Bregenzerwald, war als Autor eine Ausnahmeerscheinung in der literarischen Welt seiner Zeit. Man kannte ihn zudem als Volksaufklärer und Rebell, streitbar und angefeindet. Als seine Frau überraschend starb und ihn mit fünf Kindern zurückließ, begann er auf Anraten eines Freundes, sein Leben aufzuschreiben. Entstanden ist so ein Meisterwerk der autobiografischen Literatur. Es erzählt mit Hingabe von frühen Schicksalsschlägen, vom Abenteuer, ein Leser zu werden, von seinem Dasein als Sonderling, aber auch von politischen Umbrüchen. Aus meinem Leben ist aber vor allem eines: eine Liebeserklärung an seine Frau. Ihr setzt er mit diesem Buch ein Denkmal, und mit ihrer Hochzeit endet auch der erste Teil. Zu einem zweiten ist es nicht mehr gekommen: Felder starb wenige Wochen nach der Niederschrift, keine dreißig Jahre alt.Hinterlassen hat er zwei Versionen der Autobiografie, die 1904 erstmals erschienen ist. Das Manuskript der Erstausgabe, der alle anderen folgten, ist verschollen. Das vorliegende Buch basiert auf der im Nachlass von Felder als Handschrift erhaltenen Fassung, die in vielen Passagen von dem bislang bekannten Text abweicht.
Ein tonnenschweres Erbe wird für unseren bedrängten Helden zur Schlüsselfrage: Was kann ich jetzt noch mit meinem Leben anfangen, bevor es für einen Anfang zu spät ist?
Herausgegeben und mit einem Nachwort von Franz Schuh
Einem "Marstheater" hat Karl Kraus seine Weltkriegstragödie zugedacht - weil sie mit ihren über 200 Szenen nicht nur im Umfang über jede menschliche Vorstellung hinausgeht. Die Tragödie findet hier nicht nur auf dem Theater statt, sie ist eine Katastrophe von apokalyptischen Dimensionen, der Untergang der Welt in einer "Extraausgabee". Und so endet der Krieg, gegen den Karl Kraus mit satirischem Furor und moralischer Beschämung Krieg geführt hat, hier nicht mit einem Frieden: "Dieser nicht." Denn: "Er hat sich nicht an der Oberfläche des Lebens abgespielt, sondern im Leben selbst gewütet. Die Front ist ins Hinterland hineingewachsen. Sie wird dort bleiben." Und Karl Kraus spürt ihrem Verlauf nach: in der Presse wie im Militärkommando, im Café wie am Schlachtfeld, im Wurstelprater wie vorm Kriegsgericht und vor allem in dem von Chauvinismus und Gewissenlosigkeit verseuchten Denken und Sprechen seiner zeitgenossen. Aus Erfundenem wie Gefundenem gestaltet Karl Kraus ein großes Panorama des Schreckens, den tragischen Karneval einer Menschheit im Vernichtungsrausch: ein literarisches Fanal, Mahnmal und Monument.
Herzzerreißend komisch erzählt dieser Roman von den letzten Dingen - und den vorletzten und vorvorletzten, vom Leben in seiner schrecklichen Schönheit und der Unmöglichkeit zu sagen, wann man es gut sein lassen kann.Robert Turin, Mitte vierzig, will in der Schweiz sterben, denn dort könnte er selbst bestimmen, wann es so weit ist. Lieber noch wäre es ihm, er wäre nicht unheilbar krank, aber an der Diagnose ist nicht zu rütteln: Multiple Sklerose. Um seiner Frau nicht zur Last zu fallen, übersiedelt er in ein Heim, freiwillig und vor der Zeit. Doch pflegeleicht ist der verschrobene Patient nicht, das merken die Schwestern bald. Während sich sein Zustand verschlechtert, beschließt er, seinem Leben ein Ende zu setzen, bevor es zu spät ist. Doch so einfach ist das nicht: So wie er im Alltag auf Unterstützung angewiesen ist, um vom Bett in den Rollstuhl zu kommen, damit er in der Kantine sein tägliches Quantum Wein trinken kann, braucht er auch zum Sterben Hilfe. Aber wer fährt ihn in die Schweiz? Und wie kann er ihn (besser: sie) dazu bringen? Turin versucht es mit Charme, denn wie Uber funktioniert, kann ihm keiner sagen¿...
Andreas Okopenko ist einer der großen Einzelgänger der österreichischen Literatur, einer, der sich zeitlebens abseits gehalten hat und dem doch eine zentrale Stellung zukommt, als Autor von Gedichten und Liedern wie formal innovativer Romane. Neben Zeitgenossen und Wegbegleitern wie H.¿C. Artmann und Ernst Jandl gilt er als einer der bedeutendsten Lyriker der österreichischen Literatur nach 1945. Und wie diese beiden hat sich auch Okopenko mit Titeln wie »Warum sind die Latrinen so traurig?« ins Gedächtnis mehrerer Generationen eingeschrieben. Mit seinen Spleengesängen, Lockergedichten und Schwänzelliedern hat er eigene Genres geschaffen, in denen er es mit melancholisch-lakonischem Witz zu unübertroffener Meisterschaft gebracht hat. Okopenko war ein Großer unter Großen. Vielleicht ist er auch deshalb immer ein Unbekannter geblieben. Das soll sich ändern, nicht zuletzt durch dieses Buch, eine handverlesene Auswahl aus seinen Gedichten, besorgt von Daniel Wisser, einem der besten Kenner seines Werks.
Vitus Bering, Entdecker dänischer Herkunft, Marineoffizier in russischen Diensten, bricht Mitte des 18. Jahrhunderts auf, das östlichste Ende des Zarenreichs zu erkunden, um zu beweisen, dass Asien und Amerika nicht zusammenhängen. Auf seiner letzten Expeditionsfahrt entdeckt er Alaska, strandet auf dem durch Stürme abgeschnittenen Rückweg nach Kamtschatka an einer unbewohnten Insel, wo er beim Versuch, über den Winter zu kommen, mit Teilen seiner Mannschaft an Skorbut stirbt. Soweit die Legende, das biografische Substrat einer Geschichte, aus deren Versatzstücken und Motiven Konrad Bayer mit den Mitteln der Textmontage und unter Verarbeitung einer Vielzahl unterschiedlichster Quellen ein Sprachkunstwerk schuf, das zu den wichtigsten Hervorbringungen der österreichischen Avantgarde nach 1945 zählt. Vitus Bering dient dabei nur als Vehikel, ist Standort für eine literarisch abenteuerliche Erkundung in den entlegenen Bereichen extremer Wahrnehmung von Welt und Ich, weit jenseits der Grenzen von Verständigung, wo das Ganze, um es mit Konrad Bayer zu sagen, gegen Ende auch sprachlich vereist.
»Wenn wir reisen, tun wir's doch nicht nur um der Ferne allein willen, sondern auch des Fortseins vom Eigenen, von der täglich geordneten ausgezählten Hauswelt, um der Lust willen, des Nicht-zu-Hause-Seins und deshalb Nicht-sich-selbst-Seins.« Gelegenheit und Anlass zu reisen hatte Stefan Zweig, der Autor von Weltgeltung, genug. Der Rhythmus von Ankunft und Abfahrt gab nicht nur seinem ruhelosen Leben, sondern auch seinem vielfältigen Schaffen als Schriftsteller den Takt vor. Seine Wander- und Reiselust brachte den Bildungsreisenden an unzählige Orte rund um die Welt. Bereits als junger Mann reiste er nicht nur quer durch Europa, in die Zentren und an die Ränder und bis nach Russland, sondern er gelangte auch nach Indien und Nordamerika, von Suez bis zum Panamakanal, von Algier bis Brasilien, wo er, der glühende Europäer und bekennende Weltbürger, schließlich nach Flucht und Emigration sein Leben ließ. Neben bekannteren Texten versammelt der Band unveröffentlichte Reiseberichte und solche, die an entlegenen Orten erschienen sind. Sie alle führen uns vom Eigenen fort in die Ferne.
Irma und Marc feiern ihren zwanzigsten Hochzeitstag, als sie erfahren, dass ihr gemeinsamer Sohn mit Irmas bester Freundin ein Verhältnis hat. Das bleibt nicht ohne Folgen für ihre Ehe, auch deshalb, weil Marc ein Geheimnis mit sich herumträgt, das nun noch schwerer wiegt. Als er mit seinem kleinen Architekturbüro auch beruflich in die Krise gerät und sich Irma weigert, ihm finanziell auszuhelfen, kommt es zum Bruch, und Marc flüchtet. Aber wovor, wohin? Und welchen Ausweg sucht Irma? Auch die anderen Paare in ihrem Freundeskreis tanzen auf Messers Schneide. Was hält sie zusammen? Liebe, Gewohnheit, Konkurrenz oder gar Feindschaft? Vor vielen Jahren haben sie alle beschlossen, in einem alten Hotel am Stadtrand ein Versuchslabor für die Zukunft einzurichten. Aber an die Zukunft will keiner mehr glauben, wo sich in der großen Welt alle Sicherheiten aufzulösen scheinen. Auch deshalb sucht jede und jeder für sich nach einer Antwort auf die Frage: Warum sind wir zusammen? Und mit wem?
Leon lebt wie im Rausch, Rausch, sucht Entgrenzung in der Fremde und probt den Aufstand daheim. Bis er von weither zu spät zurückkommt, als seine Mutter stirbt. Selbstvorwürfe quälen ihn, Erinnerungen suchen ihn heim, verbittert zieht er sich zurück. Selbst Vio und Milena, die beiden ungleichen Freundinnen, können daran nichts ändern, und auch nicht, dass ihre gemeinsame Punkband vor einem Durchbruch steht. Als Leon erfährt, dass er Krebs hat, folgt er einer Einladung nach Venedig, wo ihn ein alter Freund in die Kunst der Meditation einführt. Doch die Reise, auf die Leon sich begibt, endet nicht dort, sondern geht weiter, quer durch Italien, bevor er schließlich auf der Vulkaninsel Stromboli landet. Unverhofft findet er sich in einer Welt wieder, in der die Liebe schamlos ist, die Gitarren wieder fiepen und dröhnen und eine Versöhnung mit dem Leben möglich scheint.
Lauter ist voller Wut und Hoffnung. Lauter feiert das Leben in Versenkung und Ekstase. Lauter ist der Ruf nach mehr, immer noch mehr, und endlich nach Stille.
Im Frühjahr 1959 erschien in Epoch, der Literaturzeitschrift der Cornell University, unter dem rätselhaft schönen Titel Mortality and Mercy in Vienna eine Erzählung, deren Autor, 22 Jahre alt, wenige Jahre später mit den Romanen V. (1963) und Die Versteigerung von No. 49 (1966) berühmt werden sollte. Es war seine zweite Veröffentlichung, und auch wenn Thomas Pynchon damals noch nicht der Autor war, den heute alle Welt kennt, ist darin doch schon Vieles von dem angelegt, was uns an seine späteren Bücher erinnert. Sterblichkeit und Erbarmen in Wien - der Titel ist ein Zitat aus Shakespeares Maß für Maß - erzählt von einer bizarren Party, auf der ein Schweinefötus ebenso eine Rolle spielt wie ein Original von Paul Klee, von einer Party voller kurioser Begebenheiten und Begegnungen mit Leuten, denen »man die Absolution erteilen oder Buße auferlegen, aber keinen praktischen Rat geben konnte«.
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Am 27. August 1843 um vier Uhr nachmittags besteigt Franz Grillparzer in Wien ein Dampfschiff, um sich auf die letzte große Reise seines Lebens zu begeben. Es ist ein Sonntag, doch feierlich ist ihm nicht zumute, von Aufbruchstimmung keine Spur. Aber die Reise soll ja auch dazu dienen, ihn "mit Gewalt" von seiner brütenden Lethargie zu befreien, also macht er sich auf den Weg: die Donau hinunter über Budapest und Belgrad ans Schwarze Meer und in die Hauptstadt des Osmanischen Reichs, von dort durch die Dardanellen über die Kykladen nach Athen. Konstantinopel, Troja, Smyrna, Parnass und Delphi, der Klang dieser Namen lässt ihn "das Großartige" erwarten, doch die Unbill folgt ihm von Anfang an auf dem Fuß: Durchfall, Seekrankheit, Regen, üble Kost, miese Quartiere, schlechte Straßen, lästige Reisegefährten, unverschämte Preise, Herbststürme, Langeweile, Quarantänebestimmungen ... und kaum ist all das durchlitten, tobt in Athen die Revolution, und Grillparzer muss fürchten, für einen Bayern gehalten zu werden!
"Sie ist vierzehn und wäre gerne wie andere Mädchen, vor allem schön. Doch Arielle hat kaum Haare am Kopf, mit ihren Zähnen stimmt was nicht, und obwohl Sommer ist, kann sie nicht schwitzen. Die Nachmittage verbringt sie mit ihrem Vater in den Wohnungen von Verstorbenen, um diese auszuräumen und das Brauchbare vom Müll zu trennen. Während er am Abend weggeworfene Festplatten nach Kryptogeld durchsucht, wühlt sie sich auf alten Handys durch fremde Existenzen - bis sie eines Tages auf Pauline stößt und die Fotos, die sie auf dem Telefon des unbekannten Mädchens findet, ins Internet hochlädt. Die Herzen fliegen ihr zu, auch das von Erich. Aber während ihr bald
alles zu viel wird, findet ihre psychisch labile Mutter Gefallen an der ungewohnten Aufmerksamkeit und will den Kanal nutzen, um ihre ganz eigenen
Träume zu verwirklichen.